Sonntag, 22. Juni 2008

In das Land des Dschingis Khaan

Nach den Tagen der Ruhe, ging es von Ulan Ude aus Richtung Grenze. Noch 240 km trennten mich von der Mongolei. Am 12. Juni ist in Russland ein Nationalfeiertag, wegen dem Ende der Sovjetunion. Gefeiert wird nicht richtig, wenigstens nicht so weit weg von Moskau, es sind halt nur ein paar freie Tage. Für mich von Vorteil, am 13. (Freitag) war kaum Verkehr. Die 20 km durch die Stadt habe ich recht unbeschadet hinter mich gebracht. Ab Ulan Ude geht die Strasse nach Wladiwostok in eine ander Richtung, das hieß: "Ade Transferautos" , nicht mehr diesen Gegenverkehr. Es gibt nur eine größere Stadt zwischen Ulan Ude und der Grenze. Bis dahin kann man überhaupt noch von Verkehr sprechen, da lohnt es sich auch noch ein Cafe am Straßenrand aufzumachen. Danach ist absolut tote Hose. Das sind die Strecken, wo man richtig froh ist, wenn mal wieder ein Auto vorbei kommt. Meine letzte Nacht in Russland war somit auch eine der angenehmsten. Fernab von der Bahnstrecke und Lastwagen, total ruhig im Wald. In der Nacht davor wurde mir nochmals die Arbeitswütigkeit der Russen vor Ohren geführt. Da die Vegetation in der Gegend gleich Null war, habe ich die Verkehrspolizei nach einem Ort zum Zelten gefragt. Sie haben mir nicht nur den Baggersee zwischen den Hügeln verraten, sondern auch mit genügend Wasser versorgt. Sehr nett.
Nur fand der See auch bei der Dorfjugend gefallen. Bis nach 10 Uhr habe 5-10 jährige Jungs da gebadet.Danach konnte ich endlich mein Zelt aufschlagen. Hinter dem Hügel wurde aber kräftig weiter gebackert, bis in die frühen Morgenstunden, als die Angler kamen. War nichts mit Nachtruhe. Deswegen war ich richtig froh in der letzten Nacht in Russland so richtig durchschlafen zu können.
Der Gegenwind war die einzige Konstante auf dieser Strecke. Die Landschaft und die Vegetation änderten sich immer wieder. War es an einem Tag eher eben, nur einen Berg, wurde es am nächsten Tag richtig hügelig. Immer mehr ähnelte die Landschaft der, wie man sie in der Mongolei erwartet, die unbewaldete, grüne Hügel.
Dann endlich die Grenze. Immer wieder hörte ich Gerüchte, man könne nicht mit dem Fahrrad darüber, dass die Russen Schwierigkeiten bei der Ausreise machen etc..Von all dem lies ich mich nicht beeinflussen, fuhr einfach mal an die Grenze. Dort traf ich ein scheizer Päarchen, Manuela und Remo Windlin, mit ihrem Campervan. Während der Wartezeit kamen wir ins Gespräch. Da ich seit Irkutsk ein Öl für mein Fahrrad suchte, aber nichts fand, habe ich sie gefragt, ob sie nicht so etwas dabei hätten, worauf sie mir eine ganze Dose schenkten. Welch Freude, vor allem für mein Fahrrad.
Sie wurden bald darauf durch den Grenzzaun gewunken. Ich nahm an, weil sie ein schweizer Nummerschild hatten. Mir sieht man eigentlich nicht an woher ich komme, darum habe ich schnell meine Deutschlandfahne rausgehängt. So war ich die nächste, die die erste Hürde überschreiten durfte. Weder mit der Ausreise aus Russland, wegen Registrierungen etc, noch mit der Einreise in die Mongolei gab es irgendwelche Probleme. Trotzdem hat das ganze ca. 1 ½ Stunden gedauert, was noch relativ kurz war. Nach der Grenze habe ich zuerst Geld getauscht und dann etwas zum Essen gekauft und fuhr dann weiter. Es dauerte recht lange bis ich von den Schweizern eingeholt wurde. Deren Abfertigung hat wesentlich länger gedauert.
So habe ich nach fast 4 Monaten und 10684 km die Mongolei erreicht. In Russland war ich genau 2 ½ Monate und 7000 (mit dem Fahrrad gefahrene) km, weit weniger als ich eigentlich rechnete. Bei der Ausreise war es ca 30 Grad wärmer als bei der Einreise.
Jetzt kann ich es ja zugeben: die Tatsache, dass ich so lange durch Russland fahren mußte, hat mir am Anfang überhaupt nicht gefallen. Aber mit den Kilometern habe ich dieses Land und die Leute immer besser kennen und schätzen gelernt. Am Schluß viel mir der Abschied von der Gastfreundschaft der Russen nicht leicht.
Die Tatsache jetzt in der Mongolei zu sein, mit dieser wunderbaren Landschaft, gab mir ganz neuen Antrieb. Es ist so schön hier, es wird einem sofort wieder klar, warum man hierher wollte. Zum Empfang gab es zuerst mal ein kräftiges Donnerwetter.
Das war auch wirklich nötig nach der Schwüle der letzten Tage. Ich kam gerade in Sükhbaatar an und konnte in ein Cafe fliehen. Dort saß schon ein deutsches Päarchen, deren Motorräder standen drausen. Es ist unübersehbar, die Touristensaison hat angefangen.
Ich habe sie nach der Strecke nach Ulan Bator gefragt. Es würde kaum merklich den Berg hochgehen, nur einmal kommt ein steileres Stück, es gibt kaum Wald ansonsten seien es nur braune Hügel. Und wiedermal mußte ich feststellen, dass ein Motorradfahrer recht wenig von der Landschaft mitbekommt. Ich habe sehr wohl gemerkt wie es den Berg hoch ging. Wegen dem Gegenwind habe ich eher nicht gemerkt wie es wieder runter ging. Es war mehr Wald vorhanden als ich vermutete auch sonst war es grüner als ich dachte.
Im Buddhismus, der hier vorherrscht, werden Berggipfel und Quellen als heilig erklärt. Darum findet man hier Tücher, meist blau, wie der Himmel, der besonders verehrt wird, da man von ihm abhängig ist, oder / und Steinhaufen. Hat man den Berg erklommen umrundet man den Steinhaufen im uhrzeigersinn, besprengt ihn mit Wasser und, sofern vorhanden, bringt man ein Tuch an. Wenn man zu faul ist, spritzt man auch einfach aus dem Auto ein paar Wassertropfen.
Meine erste Begegnung im einem mongolischen Reiter war eher musikalischer Art. Er kam hinter mir den Berg hochgeritten und pfeifte eine Melodie, dich ich mit einer anderen erwiederte. Auch eine Art sämtliche Sprachbarrieren zum umgehen. So ging es hin und her bis wir den Berg oben waren. Danach war ich doch wesentlich schneller.
In der ersten Nacht fand ich noch ein Blickgeschütztes Plätzchen hinter hohen Sträuchern, dann war aber nichts mehr. Darum habe ich wieder mal gefragt, ob ich mein Zelt bei Mongolen aufbauen kann. Nirgends wurde ich abgewiesen, weder bei den seßhaften Bauern
noch bei den Nomaden. Das hat auch dazu beigetragen, dass ich dieses Land von Anfang an so richtig lieben gelernt habe. Ich hatte es jetzt überhaupt nicht mehr eilig nach Ulan Bator zu kommen. Die Kontakte mit den Einheimischen habe ich richtig genossen, überhaupt mit der ersten Nomadenfamilie. An dem Tag war ich gerade mal über 80 km gefahren, was nicht gerade viel ist, aber mit dem Gegenwind und Berge reicht es. Da stand nicht weit weg von der Straße eine Ger, wie man die Yurten hier nennt. Ein Weilchen habe ich das Treiben dort beobachtet und mich gefragt, ob ich fragen soll, ob ich übernachten kann oder weiterfahren. Zu verlieren hatte ich ja nichts, also fragte ich einfach. 2 Jungs, ein Mädchen und die Eltern waren gerade dabei ein Schaf zu auszunehmen.
Auf meine Frage, ob ich mein Zelt aufbauen kann, bekam ich mal wieder eine positive Antwort und wurde auch gleich zum Tee eingeladen. Ich habe noch geholfen, die Blutwurst zu machen, probiert habe ichsie lieber nicht. Ein anderes Teil musste ich versuchen, soweit habe ich es überlebt. Eigentlich wird alles gegessen war so ein Schaf enthält
Den milchigen Tee fand ich nicht so schlecht, war auf jeden Fall gut gegen den Durst. Was besonders lecker war, war das Fladenbrot, leicht süßlich.
Da die Kinder auf meinem Fahrrad fahren wollten und auch durften, wollte ich auch auf deren Pferd reiten. Allerdings, so mutig war ich dann doch nicht, dass ich dem Jungen erlaubt hätte die Zügel loszulassen.
Voller Neid blickte ich ihm danach hinterher, wie er einfach aufsprang und dann über die Hügel davon preschte. Hier würde ich auch ein Pferd dem Fahrrad vorziehen.
Ich durfte dann noch helfen die Ziegen, Schafe und Kühe zusammen zu treiben.
So habe ich zwar einen Tag länger als vermutet nach Ulan Bator gebraucht, aber ich habe es so richtig genossen. Jetzt bin ich schon seit drei Tagen hier und seither, wie bestellt, regnet es in Strömen. Das richtige Wetter um auszuruhen. Da am Freitag ausnahmsweise das Chinesische Konsulat zu hatte, kann ich erst morgen, am Montag meinen Antrag auf ein Visum stellen. Ob ich es wirklich bekomme, ist fraglich, deswegen hängt davon meine ganze weitere Planung ab. Soweit hätte ich nichts dagegen noch ein paar Wochen hier in dem Lande zu bleiben. Es gibt noch so viel zu sehen und zu tun. Ausserdem bin ich hier bei Sabine und ihrem "Gerhotel" sehr gut aufgehoben.
Es steht am in einem ruhigen Vorort von Ulan Bator und ist meine Oase der Ruhe. Mein Fahrrad und ich fühlen uns sehr wohl.