Samstag, 12. September 2009

Durch den Nullarbor

Alles ging mal wieder viel zu schnell. Zuerst war ich so ruhelos, wollte so schnell wie moeglich in den Nullarbor, danach war ich wieder enttaeuscht, dass alles viel zu schnell vorbei war.

Der fantastische Westwind hielt noch ein paar Tage an. Nachdem ich mich am 22. August in Esperance von Kylie und Luke verabschiedet hatte, bliess er mich 70km entlang der Fischeries Road. In Condigup, der letzten Siedlung habe ich meinen 10 l Wassersack voll aufgefuellt, bevor ich mich auf die Belladonia Road machte.

Die Freude war recht gross, als ich sah, dass auch nach der Abzweigung die Strasse noch 40 km geteert war, obwohl ein Schild darauf aufmerksam machte, dass jetzt fuer 194 nichts mehr kommt.



Nichts Ungewoehnliches fuer Australien. Fuer mich war eher abschreckend :”Rough Road”.
Aber die ersten 110km auf Teer und dann auch noch mit Rueckenwind, machte die Chance, die Strecke (264km) in zwei Tagen zu schaffen, immer wahrscheinlicher. Nachdem das Farmland aufgehoert hatte, war auch das letzte Auto verschwunden und auch der Teer. Dafuer kam schoenes Buschland auf einer Anfangs noch recht guten Dirt Road.

Das Buschland blieb, die Strasse aenderte sich, grosse Steine und Wellblech wie ich es in diesem Ausmass noch nie gesehen hatte. Aber dann war es auch schon Zeit, das Zelt aufzuschlagen. Einen speziellen Platz musste ich dafuer nicht suchen, eigentlich haette ich es mitten auf dem Weg machen koennen, mir war klar, hier kommt so schnell niemand mehr vorbei. So verbrachte ich mal wieder eine wunderschoen ruhige Nacht in aller Abgeschiedenheit.

Wie es Tags zuvor aufgehoert hatte, so ging es Tags darauf weiter, nur wesentlich laenger, eigentlich die ganzen 112 km bis zum Roadhouse, Wellblech und Steine. Das kostete ganz schoen Energie und Nerven, aber wie immer, je anstrengender es ist, desto gluecklicher ist man dann, wenn man das Ziel erreicht hat.
Das positive an der Sache war die wunderbare Landschaft und die Abgeschiedenheit. Ausser den zwei Autos mit Wohnwagen, die mich gestern schon ueberholt und auch irgendwo uebernachtet hatten, sah ich den ganzen Tag nur noch ein anderes Auto.
Auf dem Eyre Highway, der durch den Nullarbor geht und mein Zuhause fuer die naechsten Wochen sein wird, wollte ich nicht mehr und begab mich direkt in das Balladonia Roadhouse. Dort waren gerade ein paar “charity – Radler” “Bikers for Bibles”, angekommen. In 32 Tagen fahren sie von Perth nach Sydney und sammeln Geld fuer diverse Bibelprojekte. Das muessen ganz schoen sattelfeste Christen sein.
Drei Begleitfahrzeuge sorgen fuer das leibliche Wohl und regeln den Gepaecktransport. So koennen sie mit ihren Rennraedern ganz schoene Distanzen zuruecklegen.
Dank des Rueckenwindes konnte ich die naechsten 2 ½ Tage mithalten. Morgens bin ich vor ihnen gestartet, so leichtgewichtig, ohne Gepaeck, holten sie mich gleich ein und luden mich zum Morgentee ein. Da ich so schoen in Fahrt war, liess ich den aus aber am Mittagsbuffet konnte ich nicht vorbei fahren.


Voller Luxus so etwas Mitten im Busch praesentiert zu bekommen. Salate, Sandwiches, Tee, Kaffee, Fitnessgetraenke, Obst........was will man mehr.

An diesem Tag spielte sich das ganze auf der laengsten, geraden Strecke Australiens ab. Am morgen kam ich an diesem Schild vorbei,
wenige Stunden spaeter (trotz laengererMittagpause) war ich auf der anderen Seite

Zwei sehr nette junge Burschen mit Kamera kamen auf mich zu und meinten, “You must be Dorothy”, so etwas hoere ich jetzt immer oefter. So gut gelaunt wie ich nach dieser fantastischen Fahrt war, auf der ich auch meine 40 000km erreicht hatte, stand ich ihnen natuerlich gerne zum Interview zur Verfuegung.


Es war erst 3 Uhr Nachmittags und ich war 182 km gefahren. Koerperlich haette ich gut noch weiter fahren koennen, leider hatte ich zwei gebrochene Speichen, Nachwirkungen von dem Hoellentrip tags zuvor. 10 l Wasser und 5 kg Essen zusaetzlich auf dem Hinterrad in so einem Gelaende kann nicht gut gehen.
Zum Glueck hatte ich noch Ersatzspeichen und stand quasi vor dem Roadhouse in dem die Bibelbiker uebernachteten. War ganz praktisch, ich brauchte ihnen nur mein Rad hinstellen, sofort hat einer in perfektester Praezision die Speichen ausgewechselt, ein anderer die Kette gesaeubert und der geschmiert, ein dritter die Reifen aufgepumpt. Zum Dank dafuer bin ich noch zum Abendessen eingeladen worden.

So gut gestaerkt und mit neu gerichtetem Rad, konnte ich auch noch tags darauf gut mithalten, konnte das Mittagbuffet nochmals geniessen, wollte dann aber nicht mehr am Roadhouse uebernachten, bin noch ein Stueck weiter gefahren zu einer Rastplatz Das war dann bisher mit 183 km meine weiteste Strecke. Heute war es nicht mehr so einfach und schnell wie am Vortag, aber wie man am Resultat sieht, doch noch ganz gut.
Hier hatten sich schon einige Camper niedergelassen und waren dabei Lagerfeuer zu errichten. Fast alle sind an mir vorbei gefahren und haben mich gleich begruesst. Ich hatte noch nicht mal mein Zelt aufgestellt, da hatte ich schon einen Teller Spaghetti in der Hand. Warum schleppte ich eigentlich so viel Essen mit mir herum?
Am Lagerfeuer gab es noch ein gutes Glas Wein, was wiedereinmal einen wunderschoenen Tag beendete.

Leider hielt der Rueckenwind nur nach am naechsten Vormittag an. Von den Bibelfreunden haben ich nur den CateringService gesehen, heute hatte ich einen zu grossen Vorsprung. Die Versorger waren gerade am Aufbauen, nicht nur deswegen bin ich nach einem kurzen Gespraech weiter gefahren, ich wollte ihre christliche Naechstenliebe nicht ueberstrapazieren.
Ich habe mich im naechsten Roadhaus versorgt, wo die Begleiter auch auf ein Eis vorbeigekommen sind. Die Radler sah ich nur noch vorbeihuschen. Schon dumm, wenn man so in einem Team faehrt, da sind dann keine Eispausen mehr drin.
Am Nachmittag wurde der Wind unangenehmer, zudem ging es auf einmal den Berg hoch, 5 km, nachdem die letzten hunderte km topfeben waren. Oben angekommen, war ich mal wieder richtig froh, gleich das Eucla Roadhause vor mir gehabt zu haben, ich wollte mal wieder eine Dusche. Das Bibelteam waren 12 km weiter, da kam gleich das naechste roadhouse. Ich wollte aber keinen meter weiter. Eucla war sehr guenstig, wunderschoen gelegen und die Manager sehr nett.

In der Nacht fing es dann an, ich muss schlechtes Wasser erwischt haben. Mein Magen wollte sich sehr schnell entleeren. Ich musste irgendwo schlechtes Wasser erwischt haben. Dabei dachte ich, dass meinem Magen nach 1 Jahr Asien nichts mehr anhaben kann. Nicht gerade das, was man mitten im Nullarbor brauchen kann. Dank meines Bruders Johannes habe ich ja genug Medizin dabei. Schon der Anblick von Immodium hat gereicht und mir ging es etwas besser. Natuerlich wollte ich trotz allem weiter fahren. Von dem netten Herrn vom Roadhouse bekam ich garantiert gutes Trinkwasser, das ist hier gar nicht so selbstverstaendlich.
Auf dem Fahrrad ging es schon wesentlich besser. Nachdem ich die letzten 3 Tage insgesamt ca 520 km zurueckgelegt habe, brauchte ich mich jetzt nicht mehr beeilen.

Nach 12 km kam die Grenze zu South Australia.

Wenn man so um die Welt faehrt, faellt es einem erst auf, wie die verschiedenen grosse Laender Zeitzonen handhaben. In Russland wurde systematisch Richtung Osten die Uhr in bestimmten Abschnitten um eine Stunde vorgestellt. In China wird nicht gross herum gemacht, da gibt es eine Zeit, die Pekingzeit, egal ob Ost, West, Nord, Sued. In Australien ist alles mal wieder ganz anders, da geht es drunter und drueber, egal ob man von Sueden nach Norden, von Osten oder Westen kommt, bei jeder Staatsgrenze wird die Uhr verstellt. Aber nicht etwa nur volle Stunden, nein, halbe Stunden, oder 1 ½ Stunden, sind auch moeglich. Wenigstens, bleibt das dann im ganzen Staat so.
Diesmal wurde 1 ½ Stunden vorgestellt, fuer mich ganz praktisch, es ist ja immer noch gleich lang hell, aber jetzt ist es halt schon 18 Uhr, wenn es dunkel wird.
Nach der Grenze faengt die Great Australien Bight an, steile Klippen, von denen man eine schoene Aussicht hat. Alle paar km gab es einen Rastplatz mit Aussichtspunkt.




Sehr praktisch fuer mich und meinen Magenbeschwerden.
Hier soll es jetzt sehr viele Wale geben, habe keine gesehen, trotzdem recht schoen vom Fahrrad aus Wale Watching zu machen.
Nach einer laengeren Mittagspause mit Hagebutten-Ingwer Tee und einem leichteren Magenmedizin ging es mir wieder viel besser. Richtig gluecklich konnte ich weiter fahren.

Erstaunlich, wieviel Muell hier am Strassenrand liegt, obwohl es keine Bevoelkerung gibt und der Verkehr sich auch in Grenzen haelt. Wahrscheinlich um darauf aufmerksam zu machen, werden mit einige Gegenstaende, wie an Weihnachten, Baeume geschmueckt


oder halbe Kunstwerke daraus gemacht


Ansonsten ist nicht viel los links und rechts der Strassenrand


Am Nullarber Roadhaus kann man das Fahrrad bewundert, das vom ersten “behelmten” Fahrradfahrer 1962 durch den Nullarbor gefahren wurde. (Ich wusste gar nicht, dass es da schon Fahrradhelme gab.) Jetzt besteht in Australien Helmpflicht, damals aber wahrscheinlich noch nicht.


Im weiteren Verlauf habe ich immer irgendwo draussen im Busch geschlafen, das waren die schoensten und ruhigsten Zeltplaetze. Wie heisst es so schoen, warum fuer 4 Sterne bezahlen, wenn man die ganze Milchstrasse um sonst bekommt. Dieser endlose Horizont machen nicht nur Sonnenauf- und untergaenge gigantisch, rotorange ueber die ganze Breite, sondern auch der Sternenhimmel scheint grenzenlos zu sein, vor allem weil von der Erde kein stoerendes Licht kommt.

Der Nullarbor geht offiziell von Norseman nach Ceduna, ca 1300 km. Das eigentliche Nullarbor feeling hoert aber schon ca 100 km vor Ceduna auf, da wo Zaeune und Landwirtschaft anfangen.


Wieder ist eines der groesseren Vorhaben fuer diese Reise vorbei und wieder ging alles viel zu schnell. Von Esperance nach Ceduna habe ich gerade mal 8 Tage gebraucht, hatte eine fantastische Zeit und sehr viele nette Leute getroffen.

Wahrscheinlich war das die beste Zeit fuer die Durchquerung. Ich hatte weitgehenst Ruekenwind, teilweise sogar sehr stark und es war nicht zu heiss. Tagsueber brauchte ich gerade mal 2 l Trinkwasser, ganz praktisch, denn an Roadhauesern bekommt man selten eines.

Ich hatte jedes Wetter, das man sich vorstellen konnte, wenn es sein musste an einem Tag, nur der Schnee hat gefehlt.

Nach den Tagen im Busch genoss ich wieder die Vorteile einer Stadt in Ceduna, endlich bekam ich wieder meine Lieblingskekse. Ausserdem war natuerlich Campingplatz angesagt, eine Dusche tat Not, eine Waschmaschine natuerlich auch.


Es ist einfach nett, wenn man auf einem Campingplatz ankommt und da steht schon ein anderes Fahrrad. Diesmal gehoerte es Travis, einem Australier, der mit seinem Hund von Perth nach Horsham, Victoria, fuhr. Dann war noch ein Kim ein koreanischer Radler da. Beide sind einen Tag vorher angekommen, zu dritt feierten wir unsere Nullarbordurchquerung, unterstuetzt wurden wir von einen deutsch/australischen Paar, das den Wein beisteuerte. Eine richtig nette Abwechslung nach den Abende im Busch, es wurde dann auch recht spaet.

Die beiden Herren haben beschlossen, nochmals einen Ruhetag daranzuhaengen. Mir hat der halbe Tag tags zuvor, ich bin schon um die Mittagszeit angekommen, gereicht.
Noch bei schoenstem Sonnenschein habe ich mich auf die letzte Etappe nach Port Augusta gemacht, quer ueber die Eyre Halbinsel. Diese Gegend ist Hauptsaechlich vom Getreideanbau gepraeckt. Jeder Ort hat sein riessiges Getreidesilo, damit war es dann auch schon. Deprimierend klein sieht daneben der veraltete General Sore aus. Hier kommen keine Touristen vorbei, der Eyre Highway laeuft am Ort vorbei, wie so manch anderes auch.

Da links und rechts der Strasse endlose Zaeune sind und die Rastplaetze nur kleine Ausbuchtungen mit Muelleimer am Strassenrand, war ich in einem dieser Orte auf dem Campingplatz. Nur heruntergekommene Wohnwagen standen herum, gesehen habe ich niemanden. Es war kalt und nass und ich hatte keine Lust dort mein Zelt aufzustellen. Darum habe ich kurzerhand den Abstellraum ausgekehrt und habe es mir dort gemuetlich gemacht.

Am naechsten Tag hat mich die Muedigkeit uebermannt, Nachwirkungen von der kurzen Nacht in Ceduna. Es war erst 15 Uhr als ich einen Rastplatz nach meinem Geschmack gesehen hatte, erstaunlicher Weise stand da auch schon ein Wohnmobil. Nachdem das aeltere Paar mich zu Kaffee und Kuchen eingeladen hat, war fuer mich klar hier bleibe ich. Zwischen Kaffee und Abendessen, zu dem ich dann auch noch eingeladen wurde, konnte ich mich noch etwas hinlegen, ich war wirklich rechtschaffen muede. Nicht mal der original Buschtee, der, wie es sich gehoert im Billy ueber dem Feuer gekocht wurde,


konnte meine Lebensgeister wieder wecken. Dafuer habe ich dann wunderbar geschlafen.

Dann kam nochmals eine Nacht im Busch, bevor der Wind mich voll nach Port Augusta geblasen hatte.
Es war gerade einmal Mittagszeit, am 3. September, als ich dort angekommen bin, so konnte ich gleich einiges besorgen. Vor allem brauchte ich neue Speichen, als Reserve. Leider hatten sie keine Speichen in der Laenge, die ich brauchte, aber eine andere Ueberraschung wartete auf mich, die Tuer ging auf und fast das ganze Team der Bikers for Bibles kam herein. Welch eine Wiedersehensfreude, damit war dann auch der Nachmittag gelaufen.

Da ich seit Prevelly, Margaret River, keinen Ruhetag mehr hatte, habe ich mich jetzt zur Rast gezwungen. Meine Beine wollten am naechsten Tag nach dem Fruehstueck weiter, aber ich gab nicht nach.

Port Augusta ist die erste Stadt auf dieser Reise, in der ich bei meiner letzten Fahrradtour durch Australien schon gewesen bin. Ich konnte mich aber an ueberhaupt nichts mehr erinnern. Kann sich eine Stadt, die auch noch einen historischen Stadtkern hat, in 5 ½ Jahren so veraendern? Den Campingplatz auf dem ich letztes Mal war, gibt es mit Sicherheit nicht mehr. Dafuer gibt es MacDonald's mit freie WiFi, dort war ich fast den ganzen Tag.

Als ich am Abend auf den Campingplatz zurueck kam, war Travis da, welch eine Freude. Es ist immer nett, wenn man jemanden oefters trifft, dann muss man nicht immer von vorne anfangen, woher kommst du, wohin gehst du, wieviel km machst du am Tag.....
Mit Travis konnte ich beim Abendessen gleich die verschiedenen Eindruecke der letzten Etappe austauschen.

Von Port Augusta sieht man wunderbar die Flinder Ranges,


die werden als naechsten in Angriff genommen.