Sonntag, 22. Juni 2008

In das Land des Dschingis Khaan

Nach den Tagen der Ruhe, ging es von Ulan Ude aus Richtung Grenze. Noch 240 km trennten mich von der Mongolei. Am 12. Juni ist in Russland ein Nationalfeiertag, wegen dem Ende der Sovjetunion. Gefeiert wird nicht richtig, wenigstens nicht so weit weg von Moskau, es sind halt nur ein paar freie Tage. Für mich von Vorteil, am 13. (Freitag) war kaum Verkehr. Die 20 km durch die Stadt habe ich recht unbeschadet hinter mich gebracht. Ab Ulan Ude geht die Strasse nach Wladiwostok in eine ander Richtung, das hieß: "Ade Transferautos" , nicht mehr diesen Gegenverkehr. Es gibt nur eine größere Stadt zwischen Ulan Ude und der Grenze. Bis dahin kann man überhaupt noch von Verkehr sprechen, da lohnt es sich auch noch ein Cafe am Straßenrand aufzumachen. Danach ist absolut tote Hose. Das sind die Strecken, wo man richtig froh ist, wenn mal wieder ein Auto vorbei kommt. Meine letzte Nacht in Russland war somit auch eine der angenehmsten. Fernab von der Bahnstrecke und Lastwagen, total ruhig im Wald. In der Nacht davor wurde mir nochmals die Arbeitswütigkeit der Russen vor Ohren geführt. Da die Vegetation in der Gegend gleich Null war, habe ich die Verkehrspolizei nach einem Ort zum Zelten gefragt. Sie haben mir nicht nur den Baggersee zwischen den Hügeln verraten, sondern auch mit genügend Wasser versorgt. Sehr nett.
Nur fand der See auch bei der Dorfjugend gefallen. Bis nach 10 Uhr habe 5-10 jährige Jungs da gebadet.Danach konnte ich endlich mein Zelt aufschlagen. Hinter dem Hügel wurde aber kräftig weiter gebackert, bis in die frühen Morgenstunden, als die Angler kamen. War nichts mit Nachtruhe. Deswegen war ich richtig froh in der letzten Nacht in Russland so richtig durchschlafen zu können.
Der Gegenwind war die einzige Konstante auf dieser Strecke. Die Landschaft und die Vegetation änderten sich immer wieder. War es an einem Tag eher eben, nur einen Berg, wurde es am nächsten Tag richtig hügelig. Immer mehr ähnelte die Landschaft der, wie man sie in der Mongolei erwartet, die unbewaldete, grüne Hügel.
Dann endlich die Grenze. Immer wieder hörte ich Gerüchte, man könne nicht mit dem Fahrrad darüber, dass die Russen Schwierigkeiten bei der Ausreise machen etc..Von all dem lies ich mich nicht beeinflussen, fuhr einfach mal an die Grenze. Dort traf ich ein scheizer Päarchen, Manuela und Remo Windlin, mit ihrem Campervan. Während der Wartezeit kamen wir ins Gespräch. Da ich seit Irkutsk ein Öl für mein Fahrrad suchte, aber nichts fand, habe ich sie gefragt, ob sie nicht so etwas dabei hätten, worauf sie mir eine ganze Dose schenkten. Welch Freude, vor allem für mein Fahrrad.
Sie wurden bald darauf durch den Grenzzaun gewunken. Ich nahm an, weil sie ein schweizer Nummerschild hatten. Mir sieht man eigentlich nicht an woher ich komme, darum habe ich schnell meine Deutschlandfahne rausgehängt. So war ich die nächste, die die erste Hürde überschreiten durfte. Weder mit der Ausreise aus Russland, wegen Registrierungen etc, noch mit der Einreise in die Mongolei gab es irgendwelche Probleme. Trotzdem hat das ganze ca. 1 ½ Stunden gedauert, was noch relativ kurz war. Nach der Grenze habe ich zuerst Geld getauscht und dann etwas zum Essen gekauft und fuhr dann weiter. Es dauerte recht lange bis ich von den Schweizern eingeholt wurde. Deren Abfertigung hat wesentlich länger gedauert.
So habe ich nach fast 4 Monaten und 10684 km die Mongolei erreicht. In Russland war ich genau 2 ½ Monate und 7000 (mit dem Fahrrad gefahrene) km, weit weniger als ich eigentlich rechnete. Bei der Ausreise war es ca 30 Grad wärmer als bei der Einreise.
Jetzt kann ich es ja zugeben: die Tatsache, dass ich so lange durch Russland fahren mußte, hat mir am Anfang überhaupt nicht gefallen. Aber mit den Kilometern habe ich dieses Land und die Leute immer besser kennen und schätzen gelernt. Am Schluß viel mir der Abschied von der Gastfreundschaft der Russen nicht leicht.
Die Tatsache jetzt in der Mongolei zu sein, mit dieser wunderbaren Landschaft, gab mir ganz neuen Antrieb. Es ist so schön hier, es wird einem sofort wieder klar, warum man hierher wollte. Zum Empfang gab es zuerst mal ein kräftiges Donnerwetter.
Das war auch wirklich nötig nach der Schwüle der letzten Tage. Ich kam gerade in Sükhbaatar an und konnte in ein Cafe fliehen. Dort saß schon ein deutsches Päarchen, deren Motorräder standen drausen. Es ist unübersehbar, die Touristensaison hat angefangen.
Ich habe sie nach der Strecke nach Ulan Bator gefragt. Es würde kaum merklich den Berg hochgehen, nur einmal kommt ein steileres Stück, es gibt kaum Wald ansonsten seien es nur braune Hügel. Und wiedermal mußte ich feststellen, dass ein Motorradfahrer recht wenig von der Landschaft mitbekommt. Ich habe sehr wohl gemerkt wie es den Berg hoch ging. Wegen dem Gegenwind habe ich eher nicht gemerkt wie es wieder runter ging. Es war mehr Wald vorhanden als ich vermutete auch sonst war es grüner als ich dachte.
Im Buddhismus, der hier vorherrscht, werden Berggipfel und Quellen als heilig erklärt. Darum findet man hier Tücher, meist blau, wie der Himmel, der besonders verehrt wird, da man von ihm abhängig ist, oder / und Steinhaufen. Hat man den Berg erklommen umrundet man den Steinhaufen im uhrzeigersinn, besprengt ihn mit Wasser und, sofern vorhanden, bringt man ein Tuch an. Wenn man zu faul ist, spritzt man auch einfach aus dem Auto ein paar Wassertropfen.
Meine erste Begegnung im einem mongolischen Reiter war eher musikalischer Art. Er kam hinter mir den Berg hochgeritten und pfeifte eine Melodie, dich ich mit einer anderen erwiederte. Auch eine Art sämtliche Sprachbarrieren zum umgehen. So ging es hin und her bis wir den Berg oben waren. Danach war ich doch wesentlich schneller.
In der ersten Nacht fand ich noch ein Blickgeschütztes Plätzchen hinter hohen Sträuchern, dann war aber nichts mehr. Darum habe ich wieder mal gefragt, ob ich mein Zelt bei Mongolen aufbauen kann. Nirgends wurde ich abgewiesen, weder bei den seßhaften Bauern
noch bei den Nomaden. Das hat auch dazu beigetragen, dass ich dieses Land von Anfang an so richtig lieben gelernt habe. Ich hatte es jetzt überhaupt nicht mehr eilig nach Ulan Bator zu kommen. Die Kontakte mit den Einheimischen habe ich richtig genossen, überhaupt mit der ersten Nomadenfamilie. An dem Tag war ich gerade mal über 80 km gefahren, was nicht gerade viel ist, aber mit dem Gegenwind und Berge reicht es. Da stand nicht weit weg von der Straße eine Ger, wie man die Yurten hier nennt. Ein Weilchen habe ich das Treiben dort beobachtet und mich gefragt, ob ich fragen soll, ob ich übernachten kann oder weiterfahren. Zu verlieren hatte ich ja nichts, also fragte ich einfach. 2 Jungs, ein Mädchen und die Eltern waren gerade dabei ein Schaf zu auszunehmen.
Auf meine Frage, ob ich mein Zelt aufbauen kann, bekam ich mal wieder eine positive Antwort und wurde auch gleich zum Tee eingeladen. Ich habe noch geholfen, die Blutwurst zu machen, probiert habe ichsie lieber nicht. Ein anderes Teil musste ich versuchen, soweit habe ich es überlebt. Eigentlich wird alles gegessen war so ein Schaf enthält
Den milchigen Tee fand ich nicht so schlecht, war auf jeden Fall gut gegen den Durst. Was besonders lecker war, war das Fladenbrot, leicht süßlich.
Da die Kinder auf meinem Fahrrad fahren wollten und auch durften, wollte ich auch auf deren Pferd reiten. Allerdings, so mutig war ich dann doch nicht, dass ich dem Jungen erlaubt hätte die Zügel loszulassen.
Voller Neid blickte ich ihm danach hinterher, wie er einfach aufsprang und dann über die Hügel davon preschte. Hier würde ich auch ein Pferd dem Fahrrad vorziehen.
Ich durfte dann noch helfen die Ziegen, Schafe und Kühe zusammen zu treiben.
So habe ich zwar einen Tag länger als vermutet nach Ulan Bator gebraucht, aber ich habe es so richtig genossen. Jetzt bin ich schon seit drei Tagen hier und seither, wie bestellt, regnet es in Strömen. Das richtige Wetter um auszuruhen. Da am Freitag ausnahmsweise das Chinesische Konsulat zu hatte, kann ich erst morgen, am Montag meinen Antrag auf ein Visum stellen. Ob ich es wirklich bekomme, ist fraglich, deswegen hängt davon meine ganze weitere Planung ab. Soweit hätte ich nichts dagegen noch ein paar Wochen hier in dem Lande zu bleiben. Es gibt noch so viel zu sehen und zu tun. Ausserdem bin ich hier bei Sabine und ihrem "Gerhotel" sehr gut aufgehoben.
Es steht am in einem ruhigen Vorort von Ulan Bator und ist meine Oase der Ruhe. Mein Fahrrad und ich fühlen uns sehr wohl.

Montag, 9. Juni 2008

Abschied von Russland

Nach einer Stunde warten habe ich am Nachmittag mein Visum für die Mongolei erhalten. War mal wieder ein gutes Gefühl, etwas erreicht zu haben.
Nichts stand mehr im Wege, am nächsten Tag weiter zu ziehen.

Schon auf der Karte auf dem Mongolischen Konsulat habe ich gesehen, dass ich von nun an einige Berge erwarten, wirkliche Berge nicht nur Hügel wie seither. Gleich am Anfang wollte mich ein Autofahrer mitnehmen. Er meinte, von nun an geht es 7 km nur bergauf. Was sind schon 7 km dachte ich, die Sonne schien und es war einfach schön. Darum schickte ich ihn alleine weiter. Als er weg war wurde es aber richtig schön steil. Ich habe wahrscheinlich über eine Stunde gebraucht. Wenn ich mitgefahren wäre, hätten mich die 2 Reporter von den Irkutsk Nachrichten nicht erwischt, denen ich oben auf einem der Berge genug Zeit gab, ihre Kamera aufzubauen.


Eigentlich dachte ich, dass das Interview an der Sprachbarriere scheiterte und ich wieder mal die Chance verpasst habe, ein Fernsehstar zu werden. Aber ein oder zwei Tage später behauptete ein Mann, er habe mich im Fernsehen gesehen und wusste so ziemlich genau meine Route.

Die ´7km´ wiederholten sich noch ein paar mal. Am Schluss habe ich bei steilen Abschnitten einfach geschoben. Nach 3 Tage Irkutsk war ich recht entspannt und da das mit dem Visum so gut geklappt hat, stand ich jetzt auch nicht mehr unter Zeitdruck. Nicht einmal die Schotterpisten konnten mich aus der Ruhe bringen. Nur als der Wolf aus dem Wald kam, bin ich schnell weiter. Zum Glück ging es gerade bergab.
Da alles sehr bewaldet ist, gab es nicht viele Aussichtspunkte, nur einmal konnte ich in das weite Tal zurückblicken, in dem Irkutsk liegt.


Irgendwann ging es dann nur noch bergab, runter zum Baikalsee, endlich wurde mir auch den ersten Blick darauf gewährt.


Den ganzen Tag war es sehr heiß, egal wie hoch, unten am See war es auf einmal 15 Grad kälter.
Er ist mit 1637 m der Tiefste See der Welt. Im Winter gefriert er komplett zu, so dass man richtig darauf fahren kann. Vorstellbar, dass er auch noch um diese Jahreszeit recht kalt ist und damit die Umgebung recht kühlt. Das Wasser ist kristallklar und hat anscheinend noch Trinkwasserqualität. In dem See gibt es den anscheinend recht leckeren Umul, da ich aber Fisch eh nicht mag, habe ich darauf verzichtet. Am Straßenrand wird er geräuchert und zum Kaufen angeboten.


In dem ersten Dorf, in Kultuk, wohnt eine pensionierte Französischlehrerin, die privat Zimmer vermietet, da die Rente nicht sehr hoch ist. Das ist immer noch besser als Schweinehaltung, meinte sie, wobei ich nicht weiß, ob der Unterschied immer sehr groß ist. Aber es war so schön und ruhig und fern vom Tourismus, dass ich gleich 2 Nächte geblieben bin.


Die weitere Strecke ging am Südufer des Sees entlang. Leider liegt dazwischen noch die Eisenbahnlinie, so dass das Ufer nur selten erreichbar ist. Für eine Rast gab es nur ein paar wenige Cafes gab es entlang der Strecke:

Eines Abends, als ich mal wieder anhielt um mir Gedanken über einen Schlafplatz machte, kam ein Auto aus einer der sehr seltenen Seitenstrassen und hielt an, was auch äusserst selten vorkommt. Nachdem ich dem Mann die Standartfragen beantwortet habe, woher ich komme, wohin ich fahre…., fragte ich ihn, wo man denn hier gut übernachten könnte. Er meinte, da gäbe es ein Hotel. Ich wollte aber kein Hotel, sondern ein Platz zum Zelten, am Besten am See. So ging es hier und her, bis er mir dann erklärt hat, er wäre Präsident von dem Hotel und ich könne da für 100 Rubel (ca 2.80 Euro) übernachten, rief schnell der Rezeption an und erklärte, dass ich komme. Da sage ich auch nicht mehr nein.
Das Hotel war in mitten von Feriencamps `Turbasa`. Es war an einem schönen Samstag Abend im Juni, es war recht warm und trotzdem nichts los. Sie richten alles noch für die Saison her, die recht kurz sein muss. Nur 2 Fischer versuchten mit selbst gebastelten Angeln ein paar Fische zu fangen. Wegen Überfischung ist es verboten mit dem Netz zu fischen. Für die, die davon leben müssen recht hart.





Endlich traf ich meinen ersten Weltumrundler, allerdings mit dem Motorrad. Da so wenige Zweiradfahrer unterwegs sind, macht man trotzdem halt. Er kam aus Japan und fährt genau entgegengesetzt wie ich und nimmt noch Afrika mit.

Da ich noch recht viel Zeit habe, bis mein Visum abläuft, habe ich mir eine Runde im Selenga Delta gegönnt, ich hatte das Gefühl, das bin ich Russland schuldig, nochmals tief in das wahre Leben einzutauchen, fern von allen `M’s` (Autobahnen) und Eisenbahn. Es war so schön durch die winzigen Dörfer zu fahren, so dicht am See. Ganz am Rande befindet sich ein Kloster, wo die Khans sich geschlagen haben.

Hier spricht man kein Russisch sondern Burjatisch. Für mich ist es aussichtslos es zu verstehen. Wenn ich etwas gefragt werde, gebe ich gleich Antwort auch auf die noch nicht gestellten Frage.
Da die Burjats mit den Mongolen verwandt sind, sah ich hier auch mein erste Yurte:


Danach führte die Strasse weg vom See, zwischen dem Fluss und der Eisenbahn. Nicht viel Platz zum Zelten. Von einer Bauernfamilie wurde ich mal wieder eingeladen. Auch da sieht man, dass Bauer nicht gleich Bauer ist. Sie wohnten in einem Grosse Hof mit Schwester und Babuschka, ein riesiges Haus, mit großer Küche und richtigem Badezimmer, ganz anders als das Bauernhaus, in dem ich die Woche zuvor gewesen bin. Da die Kinder schon ausgezogen sind, bekam ich ein Zimmer für mich alleine. Nur eines war gleich wie immer, ich bekam sehr viel zu essen und es hieß „Kuschet, Kuschet“
Der letzte Abschnitt nach Ulan Ude war vom Gegenwind geprägt, der durch das enge Tal mir entgegen blies. Aber auch da wusste ich, ich habe genug Zeit und habe das schöne Wetter genossen. Irgendwann kam ich trotzdem an.


Nach fast 4 Monaten merke ich doch eine gewisse Müdigkeit und bin froh, dass mir noch recht viel Zeit für die letzten 250 km bis zur Grenze bleibt.

Sonntag, 1. Juni 2008

Die ersten 10 000 km

... sind noch nicht geschafft. Gerade mal 9828! Trotzdem, ich bin in Irkutsk.






Zur Beruhigung der Leserschaft: Das Ergebnis der Laboruntersuchung wegen der Zecke ergab: harmlos. Allerdings hatte ich in der Zwischenzeit eine Zweite, dich ich mit meinen Kettenfliesfett und Teebaumoel abends im Zelt entfernt habe. Zum Glück war sie am Oberschenkel, muss mich beim Pinkeln erwischt haben. Die dritte Zecke habe ich schon reflexartig vom Nacken entfernt, bevor sie richtig zubeissen konnte. Vielen Dank für die Zuschriften über Zecken. Es scheint ganz so, als käme ich da ganz gesund durch. Zumindest fühle ich mich noch pudelwohl.

Als ich von Krasnojarsk losgefahren bin, hat es zwar nicht mehr geregnet, aber es hingen tiefe Wolken am Himmel und es war immer noch sehr kalt. Das führte dazu, dass es später noch angefangen hat zu schneien. Ich hoffte nur, dass das jetzt endgültig der letzte Schnee in den nächsten 3 Jahren sein wird. Das andere Unerfreuliche an dem Tag war, ein Fernfahrer hat mir Fotos von der Strecke nach Irkutsk gezeigt. Von Asphalt keine Spur mehr nur noch eine einzige Schlammlacht zwischen den LKWs. Er hat nur gelacht, als ich erfuhr, dass ich da mit dem Fahrrad durch will. An dem Abend bin ich wieder in ein Hotel geflüchtet. Da es an den Landstrassen keine mehr gibt, bin ich in ein Dorf, eine Siedlung gefahren, wie sie so oft entlang der Eisenbahnlinie gibt. Eigentlich eine recht traurige Angelegenheit. Alles heruntergekommen und die Leute sehen aus, als ob in den letzten Generationen zu wenig Genaustausch stattgefunden hätte. Wie so oft in Sibirien, gab es auch hier kein warmes Wasser.
Kansk war dann schon ein bisschen groesser, obwohl die Frau, die ich nach dem Weg gefragt habe, meinte, es wäre eine sehr kleine Stadt. Immerhin war die Ausdehnung über 25km. Im Bezug zur Groesse Russlands wirklich winzig.
Nachdem ich die nächsten 100 km hinter mich gebracht hatte, dachte ich eigentlich, dass es das war, das schlimmste überstanden. Mir ist es ein Rätsel, wie Strassen so zerstört werden können. Teilweise war vom Asphalt keine Spur mehr, oder in der Mitte meterhoch aufgebrochen. Da, wo noch etwas vom Belag erkennbar war, waren Schlaglöcher so breit und tief, wenn ich die alles ausgefahren wäre, hätte ich 10 km mehr. Es gab ein Stück, da habe ich mein Fahrrad das erste Mal schieben müssen, es ging sonst nichts mehr. Schotter und bergauf, selbst beim meinem schwer beladenen Rad drehte das Hinterrad nur durch. Ansonsten war es ganz nett, mit den Hügeln, Wäldern und Dörfer.



Nur, die schlechten Strassen gingen weiter, nur war ich jetzt im Oblast (Bezirk) Irkutsk, da nennt man das halt nicht mehr Baustelle, da ist das weitgehend normal. Nur halt nicht für mich. Das erste mal, dass ich ein wenig laut geworden bin. So Sand kann die Fahrt recht abrupt stoppen. Meine Aeusserungen haben außer dem Kuckuck niemand interessiert. Es ist auch recht auffallend. Egal was passiert, der Russe bewahrt stoische Ruhe. Außerdem nutzt es eh nichts, die schlechten Strassen werden dadurch auch nicht besser. So ging es dann noch ein paar hundert km, bis ein Lastwagen anhielt und ich gefragt wurde, ob ich mit möchte. Sergei und Tule fuhren bis Tulun.



Natürlich habe ich diesmal wieder nicht lange überlegt. Aktiv halte ich ja niemand, so wie ich auch nicht unbedingt einen Zug nehmen will. Weiß auch nicht woher das kommt, wahrscheinlich Reste eines sportlichen Ehrgeizes. Zum Glück habe ich auch gelernt, dass ich mir helfen lassen kann. Wenn jemand anhält und mich mitnehmen will, kann ich auch mal ja sagen, ich habe ja niemanden etwas zu beweisen. So blieben mir 130 km erspart, davon 40km wirklich übelster Art. Leider war ich für eine Konversation mittels Wörterbuch viel zu fertig, trotzdem habe ich es genossen in deren Gesellschaft zu sein nach Tagen in den Wäldern. Von einem Meter Höhe und voll gefedert fühlen sich die Schlaglöcher schon ganz anders an. Ich werde den beiden ewig dankbar sein, dass ich da nicht mit dem Fahrrad durchmusste.


Nach Tulun war dann der schrecklichste Tag vorbei. Es ging nur noch auf festen Strassen, manchmal recht bergig, weiter. Ab und zu kreutzte ein russischer Cowboy meinen Weg.




Als ich am letzten Abend vor Irkutsk einen Schlafplatz suchen wollte, war auf einem der ganze Wald verschwunden, nur noch riesige Felder. Macht nichts, dachte ich, ich wollte eh mal wieder in ein Dorf. Es dauerte nicht lange, da wurde mir auch schon ein Schlafplatz angeboten, im Zelt sei es doch zu kalt. Das kleine Haeusschen von Vela und Sascha bestand eigentlich nur aus Küche und einem Raum. Hinter dem Schrank stand noch ein Bett, das wurde mir zugewiesen. Voller Stolz hat Sascha mir seinen ganzen Hof gezeigt. 2 Schweine, 2 Kühe, 3 Kälber, Hühner, Gänse, Schafe dazu noch Hunde und Katzen. Die frisch gezapfte Milch musste ich natürlich auch gleich trinken, außerdem gab es Borsch und irgendein gebratenes Fleisch. Und wieder mal hieß es „ Kuschet, Kuschet“ Essen, essen.
Am nächsten morgen war Vera natürlich schon Kühe melken, waehrend Sascha noch im Bett lag. Mir wurde ein Frühstuück präsentiert, das dem Abendessen in nichts nachstand. Ich weiß nicht, wie viele Eier in dem Rührei verarbeitet wurden. Zusammen mit dem in Fett gebratenen Fleisch ist mein Cholesterinspiegel von 0 auf 100 in wenigen Minuten gestiegen.
Schon früh morgens trieben andere Bäuerinnen aus dem Dorf ihre Kühe auf der Strasse ad dem Fenster vorbei. Wie überall in diesen Häusern sind die Fensterbänke voll von Setzlingen, meist Tomaten und Bohnen. In Sibirien ist es zu kurz warm, als dass sonst etwas gedeihen könnte.
Dank der reichhaltigen Verpflegung war die letzte Etappe ein Kinderspiel. Es dauerte allerdings ein Weilchen, bis ich bei meiner Gastgeberin war. Obwohl es schon recht spät war, gingen wir noch in ein „Experimentiermuseum“ das Freunde von ihr aufgebaut haben. Hier können Kinder und Erwachsene selbst experimentieren und über die Ergebnisse staunen. Schon erstaunlich was die Wissenschaftler als Hobby in Eigeninitiative hier aufgebaut haben. (Mehr unter http://www.experimentary.ru/)


Meine Hauptaufgabe hier in Irkutsk war natürlich mein Mongolisches Visum. Am ersten Tag (Montags) kam ich gerade um 14:30 an, wenn das Konsulat eigentlich öffnen sollte. Aber just in diesem Moment kam eine Frau raus und hat eine Notiz ausgehänt, von nun an nur noch vormittags offen ist. Also gut. Am nächsten Tag traf ich zum Glück andere Reisende, die auch ein Visum wollten. Der Antrag für das Visum ist eigentlich kein Problem. Nur muss man dafür Geld einzahlen, dafür muss man aber ein Konto haben, dafür muss man eine Registrierung haben……Das Ergebnis war, dass wir zu viert den ganzen Vormittag auf der Bank verbracht haben und gerade noch kurz vor 12 Uhr wieder auf dem Konsulat den Antrag abgeben konnten.

Auch mein Fahrrad bekam nach den Strapazen ein bisschen Pflege und einen neuen Zahnkranz. Die Kette ist vom Staube und Dreck befreit.

Zum Glueck gab es ueberall die KWAS -Tanks. Man nennt es eigentlich Brottrunk, hat aber mit unserem Brotsaft, nichts zu tun, schmeckt viel besser, eher wie Malzbier


Irkutsk macht für mich einen ganz anderen Eindruck als alle andere Russische Städte, obwohl die Strassen gleich heißen, (Uliza Lenina, Uliza Karla Marxa, Uliza Gagarina, …..) und es das obligatorische Lenindenkmal gibt. Vielleicht war es auch nur, weil es extrem warm war. Es gibt unglaublich viele Jugendliche, viele sind mit Mountainbikes unterwegs, auch sonst eine recht aktive, dynamische Stadt. für mich, nach Tagen in den sibirischen Wäldern einerseits mal wieder nett unter Leuten zu sein, das erste mal auch deutsche Touristen zu treffen, aber es reicht dann auch recht bald. Ich hoffe ich bekomme heute Nachmittag mein Visum, dann kann ich weiter fahren.