Samstag, 22. März 2008

Krim, ohne Sekt und Kaviar

Spaetens beim Anblick des ersten Souveniershops war mir klar, jetzt weht ein anderer Wind, jetzt kommt ein Toursimusgebiet. Da sich der aber nur auf den Sueden beschraenkt, blieb ich davon noch verschont.

Auf dem Weg zu dieser Halbinsel wurde mir immer wieder dieser "Mixed Pickels" angepriessen. Diese Leckereien wurden mir seit Serbien angeboten, die hier an jeder Strassenecke zu haben.


..und daran sieht man, dass recht viel Gewaesser in der Naehe sein muss..

Dann endlich die autonome Republik Krim


Gleich hinter der "Grenze", Kontrollen gibt es nur fuer Lastwagen, wurde ich zum Kaffee eingeladen. Der Besitzer des Ladens hat mich ankommen sehen und dann der Bedienung gesagt, er uebernehme saemtlich kosten. Sehe ich da einen Hoffnungsschimmer am Horizont? Sind die Leute hier auf der Halbinsel gluecklicher und somit netter? Mit der Bestellung happerte es mal wieder. Suppe wollte ich nun wirklich nicht, es war ja praktisch mein Fruehstueck. Butterbrot, was im Russischen genauso heisst, hatten sie nicht, auf einmal kam aus der hintersten Ecke meiner Russisch Unterricht Errinnerung Plini - Pfannkuchen. Treffer - und auch bald versenkt mit 2 Tassen Kaffee. So geht's doch gleich viel besser weiter.

In der naechsten Stadt war eine riesige Markthalle mit auch noch Staende aussen herum. Sehr gefaehrlich weil man wieder ruckzuck viel zu viel Zeit mit Schauen und Bummeln verbracht hat.

Mir wurde schon von der Schoenheit der Krimscher Berge berichtet. Davon war aber lange nichts zu sehen, erstens ist der Norden flach, und zweitens war alles wolkenverhangen. So fuhr ich einsam im Niesel auf den Landstrasse dahin. Von Yevpatoriia habe ich eigentlich schoene Photos gesehen, aber dann war es doch eine Stadt wie jede andere auch, das gleich Grau in Grau.
Ukraine ist von oben bis unten 3-gestreift. Muetze Jacke, Hose und Schuhe sind mit den 3 Streifen. Bei den Frauen beschraenkt es sich auf oben. Die Hosen sind hautenge Stiefeljeans, die Schuhe Stiefe mit nicht einmal Pfennigabsaetze. Dies gibts ja noch nicht von Adidas.

Was sonst noch auffallend ist, fast jedes Auto hat getoente Scheiben, man sieht nicht ob, oder wer darin sitzt. Sehr merkwuerdig, als ob sie etwas zu verbergen haetten. Auch Tankstellen haben am Schalter solche Scheiben.

So gings langsam weiter bis Simferopol, die Haupstadt der Krim. Der erste Eindruck war sehr positiv. Auch hier hat sich die Innenstadt sehr herausgesputzt. Mir fiel natuerlich auch auf, dass die Kinder, Jugendliche hier sehr gute Fahrraeder fahren.

Vadim, mein Gastgeber hier, hat mich aber gleich darauf aufmerksam gemacht, dass sich das wirklich nur auf die Innenstadt beschraenkt. Die Situation ausserhalb ist sehr duerftig. Auf dem Weg zu seiner Wohnung wurde es mir bestaedigt, Wege, die man kaum Strassen nennen kann. Vadim ist beim Militaer und muss jetzt halt hier mit seiner Familie eine gewisse Zeit leben. Er ist uebrigens der Erste der mein Fahrrad vollbepackt tragen konnte, nachher habe ich auch erfahren warum, nein er ist nicht Boxer, sondern Gewichtheber.


Nicht weit von Simferopol ist Bakhchysarai, wo es ein paar Sehenswuerdigkeiten gibt. Also haben wir beschlossen, dass ich 2 Tage in Simferopol bleibe und nur einen Tagesausflug, ohne Gepaeck, nach Bakhchysarai mache. Am morgen war es nur neblig aber dann hat es anfangen zu regnen und spaeter schneite es sogar noch. Natuerlich habe ich Regenhose und Gamaschen in Simferopol gelasse. Mir war nicht mehr nach Sehenswuerdigkeiten. Nur den Khanspalast habe ich mir angeschaut. Leider waren bis auf ein 2 Beschreibungen alles auf Russisch oder Ukrainisch. So kann ich jetzt gar nicht mehr darueber sagen.



Das Kloster und die alte Felsenstadt habe ich mir erspart.
Auf der Heimfahrt musste ich mal wieder ueber mich selber lachen. Was man sich nicht alles so antut! Das Fahrradfahren war gar nicht so schlimm, dabei wird es einem wenigstens warm.
Der Spass begann eingentlich erst zurueck in Simferopol, wo die Strassen so extrem schlecht sind. Abwasserkanaele sinc natuerlich auch nicht vorhanden. Wenn es nicht gerade bergab geht, oder das Wasser in Schlagloechern steht, hat es keine Chance zu entweichen, d.h. alles steht unter Wasser. Eine harmlos aussehende Pfuetze kann recht tief sein und jedes vorbeifahrende Auto verleiht einem eine Dusche.
Dank meinem GPS habe ich auch wieder zurueck gefunden, nur war ich dann wieder in einem Hof mit lauter gleichen Hochhaeusern umgeben. Ich hatte keine Ahnung mehr in welche Haustuer ich muss, nur noch dass es der 2. Stock ist. Der dritte Anlauf war dann erfolgreich.
Am naechsten Tag regnete es zum Glueck nicht mehr. Es ist doch gleich ein ganz anderes Gefuehl, wenn die Sonne beim Aufstehen scheint. Nach einem sehr reichhaltigen Fruehstueck, ich habe mir gleich von Anfang an gesagt, es ist besser sich gleich an die Gewohnheiten des Landes anzupassen, so esse ich jetzt auch Tortellinis am fruehen morgen, ging es los.
Das Wasser hat auf der Strasse uebernachten muessen. Aber von oben kam kein Nachschub mehr. Den ersten Teil kannte ich ja schon, obwohl es bei Sonnenschein und mit Gepaeck was ganz anderes ist. Nach Bakhchysarai wurde es aber so richtig schoen, zum ersten mal gings so richtig in die Berge und unuebersehbar hat der Fruehling einzug erhalten.

Sevastopol ist noch gar nicht so lange ukrainisch, war bisher ganz unter russischer Verwaltung und erst seit 1996 fuer Touristen offen. Der Hafen ist bis ca 2016 noch russisches Hoheitsgebiet.

Die Helden der Nation sind immer noch all ueberall zugegen.

Wahrscheinlich hat sofort als der Kommunismus ging der Kapitalismus breit gemacht. Es ist unglaublich was es hier zu sehen gibt: teure Autos, McDonalds, Kinder mit den neuesten BMX Raedern. Der Wohlstand war ersichtlich. Vielleicht bringen sie es irgendwann auch fertig, Wegweiser aufzustellen und sich auf Strassennamen zu einigen.

Meinem jungen Gastgeber in Sevastopol konnte ich direkt noch eine grosse Freude bereiten. In diesen Laendern ist es ueblich fuer alles Olypiaden zu haben. Seine Freundin z. B. war so gut in Deutsch, dass sie am naechsten Tag zur Deutsch- Olympiade in den Norden der Ukraine fahren durfte. Fuer sie war es natuerlich sehr aufregend so kurz vorher sich noch mit einer richtigen Deutschen zu unterhalten. So habe ich auch viel ueber Ukraine/Krim / Sevastopol und sie ueber Deutschland erfahren und der gute Junge hatte ein paar Pluspunkte bei ihr hoffentlich gesammelt. Da ich mein Hesse gerade ausgelesen hatte, habe ich ihn ihr dagelassen, das war natuerlich nochmals eine grosse Freude.

Die wahren Berge auf der Krim sind nur im Sueden, zwischen Sevastopol und Feodosija. Auch wenn meine Tageskilometer weit unter 100 km blieben, war ich immer weit ueber 1000 hm.
War aber OK, denn ersten war es wunderschoen, zweitens gibt es sehr viel anzuschauen und drittens war es noch ueber eine Woche bis ich in Russland einreisen darf, also ich hatte genug Zeit.
Von Olga habe ich erfahren, dass die Ukrainer in Sevastopol eigentlich recht arm sind. Ihre Mutter die Lehrerin ist verdient gerade mal 100 Euro pro Monat. Wie schon in Sevastopol, so wurde mir auch hier ein gewisser Reichtum presentiert. Grosse Autos, schnelle Motorraeder, Rennradfahrer, Freeclimber, vor Sevastopol sah ich auch Gleitschirmflieger. Es ist offensichtlich, man hat es hier nicht mehr mit Schafhirten zu tun.
Aber ist auch wunderschoen hier.

Eine der einzigen Postkarten, die es hier zu erstehen gibt ist von dem "Schwalbennest". Schon schoen anzuschauen, Aber da es nur durch einige Stufen erreichbar ist, habe ich mir die Begehung erspart.

Schliesslich wartete ja auch noch der schicksalstraechtige Ort Livadia auf mich. Dieser Palast nicht nur zur Zarenzeit beruehmt, sonder es war auch der Ort an dem die Yalta Conference im Februar 1945 mit Winston Churchill, Franklin D. Roosevelt und Joseph Stalin stattgefunden hat.

Auch fuer Yalte braucht man ein paar Stunden, auch wenn man nicht gross etwas anschauen will, nur zum Bummeln.

Hier waere ich gerne laenger geblieben, aber die Schoenheit und die Beruehmtheit lassen die sich auch bezahlen. Dann sage ich mir immer, so Staedte kann ich mir auch noch anschauen, wenn ich alt bin und nicht mehr Radfahren kann.
Ausserdem war es auch erst Vormittags, ein paar km und hm konnte ich schon noch fahren.
Nach Aluschta geht die Strasse nach Simferopol ab. Auf der Strasse im Sueden nach Feodosija ist kaum mehr Verkehr, sie ist jetzt auch wesentlich kleiner und steiler. Auch die Rennradler sind auf einmal verschwunden.
So fuhr ich berg auf berg ab, bis ich in einem Luxushotel endete, die einzige Herberge weit und breit. Ich wollte da eigentlich gar nicht hin, aber als sie erfahren haben, dass ich Deutsche bin, haben sie mich gleich zum Manager gefuehrt, der laengere Zeit in Deutschland lebte. Sehr nett habe ich mich mit ihm ein Weilchen unterhalten. Dann war es zu spaet und ich musste wohl da bleiben. Weil ich die einzige Gaestin war hatte ich mit der ganzen Belegschaft einen netten Abend. Der Eigentuemer meinte sogar noch, er muesse mir mit seiner Karaoke- Anlage ein paar russische Lieder vorsingen.

Obwohl es fuer den ganzen Luxus, den ich eigentlich gar nicht wollte, doch recht guenstig war, aergerte es mich doch, schliesslich bin ich ja Schwaebin. Dann sagte ich mir, wenn ich jetzt sterbe, was ich dann wichtiger, 48 Euro gespart oder ein paar Gedanken weitergegeben zu haben? Eigentlich keine Frage. Nur, wenn ich weiterlebe, an was mir viel gelegen waere, moechte ich auch dieses Projekt voll fertig bringen. Aber eigentlich, solange Fahrrad und ich heil sind, geht es immer irgendwie weiter.
Diese Gegend ist noch recht verschlafen, alle 20 km kommt mal ein Dorf, in dem es nichts gibt, meistens wird es fuer den Sommer hergerichtet. Alle 60km kommt dann eine Kleinstadt, wie z.B. Sudak, beruehmt durch die Festungsanlage.

Hier wollte ich auf jeden Fall Zelten. Ein Uniformierter zeigte mir auch ein nettes Plaetzchen, aber eine Frau meinte, ich koenne da nicht bleiben und hat mir den Platz neben ihrem Bauwagen, in dem sie wohnt, angeboten. Uebergluecklich war ich, endlich zu zelten und meinen neuen Kocher auszuprobieren.
Die ganze Nacht durch hat es natuerlich geregnet. Das erste Mal sogar am Morgen. Da es nur ca 50km nach Feodosija waren, hatte ich es ueberhaupt nicht eilig. In meinem warmen Schlafsack habe ich gewartet, bis es aufgehoert hat. Erst als ich losgefahren bin hat es wieder angefangen, aber dann kam alles, was das Wetter so zu bieten hat: Regen, Schnee, Hagel, Sturm, "Rueckensturm", das ist wie wenn man den Berg hochgeschoben wird, sehr nett, und ab und zu sogar Sonnenschein.

Hier wurde ich sehr herzlich von Liuda empfangen. Sie wohnt in einem kleinen Haeuschen, zusammen mit Lisa, einer Amerikanerin, die fuer Peace Corps arbeitet. Eine sehr nette Herberge um ein paar ruhige Tage zu verbringen und mich und mein Fahrrad auf Vordermann zu bringen und Waesche zu waschen, bevor das grosse Rennen durch Russland losgeht.
Also, es wird mir auch so nicht langweilig. Feodosija ist eine recht alte, interessante Stadt und um diese Jahreszeit noch so vom Tourismus verschont. Nachdem ich Rad geputzt hatte, gings zum Foto-Shooting ans Schwarze Meer,


dann zum Friseur


ich glaube ich hatte noch nie so kurze Haare.

Am Abend gabs noch Frauensauna in einem alten Russischen Sportklub. Sehr originell. Man wird mit Eichenzweigen ausgepeitscht und Abkuehlung gabs im Schwarzen Meer. Soll sehr gesund sein und viel Energie bringen.

Morgen werde ich mit Lisa noch eine kleine Radtour hier in der Gegend machen, aber dann mach ich mich langsam auf an die Grenze nach Russland und hoffe, dass sie mich auch rein lassen.
Nachtrag: am letzten Abend gab es doch noch Krim Sekt.